Mariechen sass weinend am Strande

  1. Marienchen sass weinend am Strande, im Grase lag schlummernd ihr Kind, mit ihren schwarzbraunen Locken spielt leise der Abendwind. Sie sass so still, so träumend, so einsam geisterbleich, und dunkle Wolken zogen und Wellen schlug der Teich.
  2. Der Geier flog über die Berge, die Möve zog einsam daher, es fallen immer Tropfen, es fallen Tropfen schwer. Schwer auf Marienchens Wange, eine heisse Träne rinnt, sie hält in ihren Armen, ihr einzig' schlummernd' Kind.
  3. Dein Vater lebt herrlich in Freuden, kennt dich und mich nicht mehr. Er ist schon längst gezogen, weit über's ferne Meer. Drum stürzen wir uns beide, in einen tiefen See, vorüber ist alles Leiden, vorüber ist alles Weh.
  4. Da öffnet' das Kindlein die Augen, schaut' auf zur Mutter und lacht. Die Mutter weinet vor Freude, drückt s'Kindlein an die Brust mit Macht. Nein, nein, wir wollen leben, wir beide, du und ich, dem Vater sei alles vergeben, wie glücklich machst du mich.
  5. So sass Marienchen am Strande, wohl manche lange Nacht, bis da aus fernem Lande, ein Schiffer die Botschaft bracht' : "Das Kind in deinen Armen, hat keinen Vater mehr, er ruht als treuer Schiffer, im weiten, tiefen Meer." :