Rosenzeit

  1. Wie herrlich ist die Jugendzeit man lacht, man scherzt, man singt. Die Jugend kennt noch nicht das Leid, das oft das Alter bringt. Und kommt der schöne Monat Mai mit seiner Rosenpracht. Da wünscht man, das es stehts so sei, doch eh man es gedacht da braust ein wilder Sturm heran, zerzaust das Röslein klein. Und Silberfäden webt es dann uns in das Haar hinein. Rosen und Jugend, verlassen uns auch gar so bald Rosen verblühen, wir werden alt.
  2. Zum Altar tritt ein Greisenpaar am goldnen Hochzeitstag. Er sprach; Heut sind es fünfzig Jahr, wenn ich so denke nach. Du warst die allerschönste Maid, hast Schminke nie gebraucht. Die Wangen dein warn jederzeit wie Rosen angehaucht. Des Lebens Sturm hat arg getobt, blies weg der Wangen Glut. Wir hatten Treue uns gelobt und sind uns heut noch gut. Rosen und Jugend, verlassen uns auch gar so bald Rosen verblühen, wir werden alt.
  3. Ein müder Wandrer kehrt zurück ins traute Heimatort. Er träumt von Wiedersehn und Glück, denn er war lange fort. Doch, als er in das Gärtlein tritt, wo er fürs Mütterlein, als Kind vom Strauch oft Rosen schnitt, denkt er, was mag das sein? Das Gärtchen sieht verwildert aus, wo sind die Rosen rot? Verlassen steht das kleine Haus, sein Mütterlein war tot! Rosen und Jugend, verlassen uns auch gar so bald Rosen verblühen, wir werden alt.